Echo auf die unterschiedlichen Ansichten zur Gemeindegebietsreform in Sachsen-Anhalt zwischen Holger Stallknecht (CDU) und Staatssekretär Erben (SPD)
Der CDU-Fraktionsvize Holger Stallknecht rät den Gemeinden einerseits, ihre Beschlüsse zur Fusion mit anderen Gemeinden unter Vorbehalt zu stellen - und hofft, dass das Landesverfassungsgericht noch 2008 zu einem Urteil kommt.
Innenstaatssekretär Erben (SPD) andererseits warnte in den Medien die Bürgermeister und Gemeinderäte davor, Verträge zur Bildung von Einheits- oder Verbandsgemeinden unter einen Vorbehalt zu stellen. „Solche Verträge werden nicht genehmigt.“
Hintergrund ist, dass die Volksinitiative von ca. 200 Gemeinden und andere Gemeinden einzeln das Landesverfassungsgericht angerufen haben und rügen, dass sie die kommunale Selbstbestimmung durch den vor der Landesregierung eingeleiteten Fusionsprozess erheblich verletzt sehen. Die meisten der 1.000 Dörfer sollen 2009 zu größeren Einheits- bzw. Verbandsgemeinden zusammengeschlossen werden.
Das zu diesem Zweck erlassenen Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform von 14. Februar 2008, definiert die Ziele der Neugliederung der gemeindlichen Ebenen in Sachsen-Anhalt und begründet diese Ziele mit einigen inhaltlichen Vorgaben, u.a. der zukünftigen, demographischen Entwicklung in unserem Land.
Das eigentliche Verfahren zur Fusion von Gemeinden wird aber in dem Begleitgesetz nicht geregelt. Dies ergibt sich ausschließlich aus der Gemeindeordnung!
Holger Stahlknecht irrt, wenn er meint, die Beschlüsse zur Eingemeindung oder Fusion von Gemeinden, könnten unter Bedingungen gefasst werden, die sich aus der Zielsetzung des Begleitgesetzes ergeben. Dies geht deshalb nicht, weil das Begleitgesetz das eigentliche Verfahren zur Fusion oder zur Eingemeindung nicht regelt.
Sein Vorschlag läuft damit juristisch ins Leere. Die Gemeinden, die so wie von Ihm vorgeschlagen verfahren wollen, befinden sich juristisch auf einem falschen Weg.
Im Gegensatz zu Holger Stahlknecht, basiert die Argumentation des Staatssekretärs im Innenministerium auf § 17 Abs. 1 der Gemeindeordnung des Landes Sachsen-Anhalt, das das Verfahren zur Änderung der Gemeindegrenzen davon abhängig gemacht, dass eine Genehmigung durch die Kommunalaufsichtsbehörde vorliegt.
Diese Genehmigung ist wiederum davon abhängig, dass die neu entstehende Einheitsgemeinde mindestens 10.000 Einwohner hat. Ausnahmen sind nur für Gemeinden in sogenannten Verbandsgemeinden zulässig.
Das Erreichen der Einwohnergrenze ist die einzige Voraussetzung, die dem Verfahren nach § 17 Gemeindeordnung zugrunde liegt. Auf die Ziele des Begleitgesetzes kommt es daher überhaupt nicht an.
Diejenigen Gemeinden, die sich im Rahmen der im Begleitgesetz vorgesehenen „freiwilligen Phase“ gezwungen sehen ihren Fusionsvertrag bis zum 30. Juni 2009 beim Innenministerium einzureichen, sind nun vor besondere juristische Probleme gestellt.
Mit dem von der Landesregierung vorgegebenen Verfahren, würde es dann in der Mehrzahl der Fälle dazu führen, dass die Gemeinden sich nach § 17 der Gemeindeordnung einer Fusion/Eingemeindung unterziehen. Das Innenministerium könnte in diesen Fällen formal korrekt erklären, die „freiwillige“ Fusion/Eingemeindung hätte rechtlich mit dem Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform nichts zu tun.
Es besteht somit die berechtigte Gefahr, dass das Urteil des Landesverfassungsgerichts für die Gemeinden die sich in der sogenannten „freiwilligen Phase“ zusammenschließen überhaupt keine Auswirkung hat.
Die Beschlüsse unter Vorbehalt, die Holger Stallknecht vorschlägt, spielen dann keine Rolle mehr und es gelten die jeweilig abgeschlossenen Fusionsverträge.
Man kann den Gemeinden, die sich in einem „ freiwilligen“ Fusionsprozess befinden konsequenterweise nur dringend raten überhaupt nichts freiwillig zu unternehmen, um sich dann zwangsweise fusionieren zu lassen. Diese Rechtsfolge droht, falls sie bis zum 30.06.2009 keine genehmigungsfähige Vereinbarung über die Bildung einer Einheits- oder Verbandsgemeinde der Kommunalaufsicht vorgelegt haben.
Erst dann kann das Verfahren mit seinen inhaltlichen Vorgaben des Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform auf die Verfassungsmäßigkeit hin, überprüft werden.
Wer sich also jetzt freiwillig zusammenschließt ist eigentlich der „Dumme“, denn der Zusammenschluss erfolgt nach der jetzigen Gemeindeordnung und die steht beim Landesverfassungsgericht nicht auf dem Prüfstand.
Der Verfasser ist Rechtsanwalt und vertritt die Gemeinden Angern, Burgstall und Loitsche
( Landkreis Börde ) vor dem Landesverfassungsgericht bei ihrem Streben nach Erhaltung der Selbstständigkeit.
Sonntag, 5. Oktober 2008
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